Einleitung
Krypto-Lending hat sich in den letzten Jahren als eine beliebte Methode etabliert, um Kryptowährungen gewinnbringend zu nutzen. Dabei werden Einheiten einer virtuellen Währung gegen eine Vergütung zur Nutzung überlassen. Dieser Beitrag beleuchtet die steuerrechtlichen Aspekte des Krypto-Lendings und zeigt auf, wie diese Einkünfte im Ertragssteuerrecht behandelt werden.
1. Funktionsweise und Besonderheiten des Krypto-Lendings
Beim Krypto-Lending werden Kryptowährungen oder Token an Dritte verliehen, die diese für einen bestimmten Zeitraum nutzen und anschließend zurückgeben, meist zuzüglich einer Vergütung in Form von Zinsen. Ein einfaches Beispiel: A verleiht B für 24 Monate 0,12345678 Bitcoin (BTC). Nach Ablauf der Zeit muss B die geliehenen BTC inklusive Zinsen zurückzahlen.
2. Zivilrechtliche Einordnung
Darlehensvertrag nach BGB
Zivilrechtlich kann Krypto-Lending als Darlehensvertrag nach § 488 BGB (Gelddarlehen) oder alternativ als Sachdarlehen nach § 607 BGB eingeordnet werden. Obwohl Kryptowährungen nicht den gesetzlichen Status einer Währung besitzen, werden sie oft als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert und können daher als Geldbetrag im Sinne des § 488 BGB verstanden werden.
Besonderheiten und Unterschiede zu konventionellen Darlehen
Ein wesentlicher Unterschied zu konventionellen Darlehen liegt in den hohen Kursschwankungen von Kryptowährungen. Diese Schwankungen können sowohl für den Darlehensgeber als auch für den Darlehensnehmer Vor- oder Nachteile mit sich bringen.
3. Steuerrechtliche Würdigung
Vergleich zu Fremdwährungskrediten
Kryptowährungen können als Geldschuld betrachtet werden, ähnlich wie Fremdwährungen. Nach dem Prinzip des Nominalismus ist der wirtschaftliche Wert der Währung für die Zahlungsverbindlichkeit irrelevant. Ertragsteuerrechtlich werden Fremdwährungskredite im Betriebsvermögen mit dem Rückzahlungsbetrag angesetzt, der sich aus dem Wechselkurs im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme ergibt.
Besteuerung von Krypto-Lending Rewards (Zinsen)
Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG)
Zinsen aus Krypto-Lending können als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG eingestuft werden. Dies umfasst Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet wurde.
Alternativ: Sonstige Leistungen (§ 22 Nr. 3 EStG)
Nach dem BMF-Schreiben vom 10.5.2022 (BStBl 2022 I S. 668, Rz. 65) sind Einkünfte aus Krypto-Lending im Privatvermögen nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar. Diese Einordnung begründet das BMF damit, dass eine Leistung des Steuerpflichtigen vorliege. Die Überlassung von Kapital im Rahmen eines Darlehens ist stets als Leistung anzusehen. Umsatzsteuerrechtlich handelt es sich um eine sonstige Leistung, die in der Regel nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfrei gestellt ist. Ertragsteuerrechtlich hat der Gesetzgeber mit der besonderen Besteuerung der Kapitalerträge nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass es sich bei diesen nicht um eine Leistung handle. § 20 EStG spricht mehrfach von Leistungen.
Konsequenzen der unterschiedlichen Einordnungen
Die Einordnung als Einkünfte aus Kapitalvermögen führt zur Besteuerung mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag. Bei der Einordnung als sonstige Leistungen erfolgt die Besteuerung nach dem individuellen Steuersatz.
4. Behandlung der verliehenen Einheiten
Kursgewinne und -verluste bei Kryptodarlehen
Kryptodarlehen zu Kryptowerten
Bei einem Kursgewinn während der Darlehenslaufzeit profitiert der Darlehensgeber, während ein Kursverlust für den Darlehensnehmer vorteilhaft ist. Die steuerliche Behandlung erfolgt im Privatvermögen nach § 23 EStG, wobei die Jahresfrist zu beachten ist.
Kryptodarlehen zu FIAT-Werten
Bei einem Darlehen, das auf eine FIAT-Währung lautet, aber in Kryptowährungen ausgezahlt und zurückgezahlt wird, sind die Kursschwankungen ebenfalls relevant. Ein Kursgewinn ist für den Darlehensgeber negativ, während ein Kursverlust positiv ist.
Steuerliche Behandlung im Privat- und Betriebsvermögen
Im Privatvermögen sind Kursgewinne und -verluste nach § 23 EStG zu behandeln. Im Betriebsvermögen erfolgt die Rückzahlung der Forderung ergebnisneutral, und Kursgewinne oder -verluste werden erst bei einem Verkauf realisiert.
Jahresfristen und Spekulationsfristen
Die Verlängerung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG ist bei der Nutzung von Kryptowährungen als Einkunftsquelle umstritten und bedarf weiterer rechtlicher Klärung.
5. Fremdüblichkeit und Dokumentation
Bei Krypto-Lending ist die Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen zu beachten. Es empfiehlt sich, die Erwägungen zur Bestimmung von Zinssätzen, Laufzeiten und Sicherheiten genau zu dokumentieren, um diese im Nachgang erklären zu können.
Aktuelle rechtliche Entwicklungen
Aktuell wird vor dem Finanzgericht Köln ein Fall verhandelt, der sich mit der steuerlichen Behandlung von Einkünften aus dem Verleihen von Bitcoins im Privatvermögen befasst (Az. 5 K 194/23). Der Kläger argumentiert, dass die Einkünfte aus dem Krypto-Lending im Privatvermögen als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu betrachten sind und somit der Abgeltungsteuer unterliegen. Die Finanzverwaltung hingegen vertritt die Ansicht, dass Bitcoins keine „Fremdwährung“ darstellen, sondern digitale Werteinheiten sind, die nicht von einer Zentralbank oder öffentlichen Institution ausgegeben oder garantiert werden. Daher sieht die Finanzverwaltung das Krypto-Lending als eine Art „Sachdarlehen“ an, was zu Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG führt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bisher noch keine Entscheidung zum Krypto-Lending getroffen. Allerdings hat er in früheren Urteilen zu Currency Token festgestellt, dass diese strukturell mit Fremdwährungen vergleichbar sind und wirtschaftlich als „Zahlungsmittel“ betrachtet werden können.
Fazit
Krypto-Lending ist steuerlich komplex und erfordert eine genaue Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Kryptowährungen sind keine Fremdwährungen, sollten aber in Darlehenskonstellationen ähnlich behandelt werden. Die steuerliche Einordnung der Lending Rewards als Einkünfte aus Kapitalvermögen erscheint überzeugend. Es bleibt abzuwarten, ob sich das Finanzgericht Köln dieser Auffassung anschließen wird.
Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine fachliche Literatur dar und ersetzt keine steuerliche Beratung. Leser sollten bei Bedarf eine professionelle steuerliche Beratung in Anspruch nehmen, um individuelle Fragen und Anliegen zu klären.